2.1 Erstansage

Eine Erstansage führt (nach TSR-Turnierspielregeln) zu einer Erhöhung des Spielwertes um zwei Punkte. Hieraus folgt, dass das Treffen einer Erstansage nur sinnvoll erscheint, wenn das Spiel mit der Ansage in mindestens 50% aller möglichen Kartenverteilungen gewonnen wird. Zur Abschätzung der Gewinnwahrscheinlichkeit stehen das eigene Blatt und die bis zum Ansagezeitpunkt erhaltenen Informationen über die Gesamtkartenverteilung (aus: Spielverlauf und/oder Anspielkonventionen) zur Verfügung.

Die folgenden Abschnitte zeigen nun:

Die korrekte Behandlung der Erstansage (inkl. Konventionen) ist für die optimale Ausreizung des Spiels (siehe Kap. 2.2) eminent wichtig, da hier der Partner die entscheidenden Informationen bezüglich Blattstärke und Blattstruktur erhält.

Beachte: Das Nichtspielen von bestimmten Varianten verneint automatisch die zugehörige Blattstruktur oder/und Blattstärke!


2.1.1 Stärke der Erstansage

Bei der Entwicklung der Mindestvoraussetzungen sei zunächst von dem Fall ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Erstansage keine außergewöhnlichen Informationen bezüglich der Gesamtkartenverteilung vorliegt. Die Grundlage für die Entscheidung Ansage ja oder nein ist dann lediglich das eigene Blatt. Die Stärke des Blattes wird am besten ausgedrückt durch eine durchschnittlich erreichbare Augenzahl. Die Berechnung dieser Augenzahl erfolgt über die Abschätzung von Erwartungswerten für potentielle Stiche. Der Erwartungswert ist das Produkt aus dem Wert eines Stiches und der Wahrscheinlichkeit diesen Stich tatsächlich zu erhalten. Die folgende Tabelle zeigt ein einfaches Schema zur Abschätzung dieser Werte. Die Angaben beruhen dabei zum einen auf unserer Erfahrung und zum anderen auf den Gesetzen der Stochastik.


Tab. 2: Erwartungswerte für potentielle Stiche

Die Angaben gelten nur für ein As. Das nächste As läuft mit dem Produkt der Werte der Einzelwahrscheinlichkeiten.

Die Angaben für die Wahrscheinlichkeiten des Stiches sind im Sinne einer einfachen Berechnung auf einfache Werte (1, 9/10, 3/4, 2/3, 1/2, 1/4) gerundet. Aus dem gleichen Grund wird auch bei der Angabe der Stichwerte häufig mit einfachen Werten (10, 15, 20, 25, 30) operiert. Genauere Werte können aus den Tabellen in Kap 5 berechnet werden. Die Gesamtstärke eines Blattes ergibt sich aus der Summe aller Einzelerwartungswerte.

Statistische Auswertungen verschiedener Einladungsturniere (Deutschlandpokal Braunschweig 1991, Dodge-Mannschaftsturnier München 1992 und 1. Dullenknicken Essen 1993) haben gezeigt, dass ein Re-Spieler durchschnittlich eine Augenzahl von etwa 68 und ein Kontra-Spieler durchschnittlich eine Augenzahl von etwa 52 pro Spiel erzielt. Für eine Erstansage sollte der Gesamterwartungswert des eigenen Blattes zum einen so groß sein, dass mit einem knapp unter Durchschnitt liegenden Blatt des Partners die Gewinnwahrscheinlichkeit etwas mehr als 50% beträgt, und zum anderen sollte er im Hinblick auf weitere Ansagen größer als der durchschnittliche Erwartungswert eines Spielers der jeweiligen Partei sein.

Hieraus folgt für die Mindestblattstärke für eine Erstansage: RE: >= 75 Augen und KONTRA: >= 85 Augen.

Für die Entscheidung Ansage ja oder nein zählt die bis zur Ansage erzielte Augenzahl plus Summe der Einzelerwartungswerte (siehe Tab. 2). Hierdurch wird klar, dass es i.d.R. besser ist bis zum letztmöglichen Zeitpunkt mit der Ansage zu warten, da ansonsten Informationen, die eine Neuberechnung der Erwartungswerte bedingen, unnötigerweise verlorengehen. Es gibt nur zwei Ausnahmen:

Nun aber zu einigen Blattbeispielen, die das Bewertungsschema etwas verdeutlichen sollen:


Blatt 1
: D D D B B As K As As As K 9
(eigenes Anspiel: As läuft mit 25 Augen)
mögliche Stiche:
1) D D = 3/4 x 22,5 ~ 17
2) As = 3/4 x (11 + 3/6 x (50 - 22)) ~ 19 (gleicher Wert bei Ansage)
3) Stechen 2. -Lauf = 1/3 x (11 + 3/4 x 25) ~ 15, da im ersten Lauf 25 gefallen sind. S = 25 + 17 + 19 + 15 = 76 = RE.

Blatt 2: D D B B B B B 10 K 9 K 9
mögliche Stiche:
1) D = 3/4 x 17,5 ~ 13
2) Stechen 1.-Lauf: 3/4 x (10 + 15) ~ 19
3) Stechen 2. /-Lauf: 1/2 x (4 + 17,5) + 1/2 x (2 + 17,5) = 20,5 S = 13 + 19 + 20,5 = 52,5 = kein RE. Der Erwartungswert wird allerdings etwas höher liegen aufgrund der kleinen Karten in / und der Trumpflänge.

Blatt 3: D D B B B K K As As K 9 As
(eigenes Anspiel As läuft mit 25).
Mögliche Stiche:
1) D = 3/4 x 17,5 ~ 13
2) As = 2/3 x (11 + 3/5 x (50 - 15) ~ 21,5 (nach Ansage ~ 24)
3) As = 2/3 x 2/3 x (11 + 3/5 x (30 - 11) ~ 10 (nach Ansage ~ 12,5)
4) Stechen 2.-Lauf: 1/2 x (4 + 3/4 x 25) ~ 11,5 S = 25 + 13 + 21,5(24) + 10 (12,5) + 11,5 = 81 (86) = RE. Der Erwartungswert ist übrigens niedriger, wenn zuerst As gespielt wird (78,5, bei Ansage 84,5).

Blatt 4: 10 D B B As K 9 As 9 As K 9
(As wird im ersten Stich mit 30 gestochen).
Mögliche Stiche:
1) 10 = 25
2) D = 12,5
3) As = 3/4 x (11 + 3/6 x (50 - 11) ~ 23 (gleicher Wert bei Ansage)
4) As = 3/4 x 1/4 x (11 + 15) ~ 5 (nach Ansage ~ 10)
5) Stechen 2.-Lauf: 2/3 x (4 + 3/5 x 31) ~ 15 S = 30 + 25 + 12,5 + 23 +5 (10) + 15 = 110,5 (115,5) = RE.

Blatt 5: 10 D D D B As As K K 9 As 9
(eigenes Anspiel As läuft mit 31).
Mögliche Stiche:
1) 10 = 25
2) As = 1/2 x (11 + 3/4 x (30 - 11)) ~ 12,5 (nach Ansage ~ 17)
3) Stechen 1.-Lauf: 9/10 x (11 + 3/8 x 50) ~ 27
4) Stechen 2. -Lauf: 2/3 x (3 + 17,5) ~ 13,5 S = 31 + 25 + 12,5 (17) + 27 + 13,5 = 109 (113,5) = KONTRA. Der Erwartungswert wird niedriger liegen, da die Blattstruktur den Re-Leuten durch den fetten -Stich und den Nachspielproblemen des Kontra-Spielers sehr schnell bekannt wird. Sticht der Spieler im 1. Stich mit 30 Augen, so sinkt der Erwartungswert übrigens auf ungefähr 93 (nach Ansage auf 103,5) Augen aufgrund der veränderten Laufwahrscheinlichkeiten der Asse.

Blatt 6: D D D B B B B As 10 As As K
(As wird im ersten Stich mit 26 gestochen).
Mögliche Stiche:
1) As = 9/10 x (11 + 3/7 x (50 - 11)) ~ 25
2) As = 9/10 x 1/2 x (11 + 3/4 x (30 - 15) ~ 10 (nach Ansage ~ 13,5)
3) Stechen 2. /-Laufs: 2/3 x (10 + 3/5 x 35) + 1/2 x (2 + 17,5) ~ 30,5
S = 26 + 25 + 10 (13,5) + 30,5 = 91,5 (95) = KONTRA. Der Erwartungswert liegt aufgrund der Trumpfstärke (D D D) eher sogar höher.

Die Beispiele sollten zeigen, wie mit Hilfe des obigen Schemas die Blattstärke abgeschätzt wird. Gleichzeitig ist dabei auf einige Schwächen aufmerksam gemacht worden. Eine Einschätzung eines Wertes für Trumpflänge bzw. -kürze fehlt. Auch sind die Angaben für das Stechen von Farben relativ ungenau, da die Wahrscheinlichkeiten zum einen davon abhängen, was im ersten Stich in der Farbe gefallen ist und zum anderen davon abhängen, ob der betreffende Spieler eine Ansage getätigt hat (mit Ansage erhöhen sich die Wahrscheinlichkeiten etwas). Bei allen Blättern sollte die Erstansage zum letztmöglichen Zeitpunkt getroffen werden, da die volle Information des Spielverlaufes für die Entscheidung, ob überhaupt eine Erstansage getroffen werden kann, benötigt wird. Folgende Spielverläufe führen zu einer Abwertung der Blattstärke und können zum Verzicht einer Erstansage führen:

In besondern Situationen kann eine Erstansage auch mit Blättern erfolgen, die knapp unter den Erfordernissen für eine Erstansage liegen. Hierzu ist allerdings notwendig, dass der Spieler zu diesem sehr frühen Zeitpunkt abschätzen kann, dass alle anderen Spieler ein ungefähr gleich starkes Blatt halten und somit sein eigenes Blatt, welches nur noch knapp über dem Durchschnitt liegt zum Gewinn ausreichen sollte. Die Gefahr bei einer solchen Ansage ist allerdings, dass der Partner mit einem wesentlichen stärkeren Blatt rechnet und somit eine weitere Ansage trifft. Daher sollte von diesem Typ der Ansage nur sehr spärlich an Position 3 oder 4 (verringert das Risiko einer weiteren Ansage des Partners) Gebrauch gemacht werden.

Ein Beispiel:
Blatt 1: 10 D D D B B 10 10 9 As As As (Position 2)
1.Stich: K 10 As 9
2.Stich: 10 9+RE(2) K As

Nach der bisherigen Blattbewertung besitzt Spieler 2 kein Blatt für eine Erstansage (Erwartungswert ~ 68). In dieser besonderen Situation sollte Spieler 2 allerdings aus folgender Überlegungen trotzdem RE ansagen: Mit Spieler 1 oder 3 als Partner hat die eigene Partei schon einen Stich, wobei Spieler 1 zusätzlich noch in anschieben kann. Außerdem scheint keiner der Spieler ein über ein starkes Blatt zu verfügen (keine Ansage).

Bei stärkeren als den bisher beschriebenen Blättern sieht die Situation anders aus: Stärkere Blätter sind immer gekennzeichnet durch Trumpflänge (>= 8 = wenige Fehlverlierer) und Trumpfstärke (Minimum: ~ D D D D oder D D D oder bei Kontra-Partei 10 D D D). Die Zahl 8 als Definition für Trumpflänge kommt dadurch zustande, dass die Wahrscheinlichkeit, dass kein anderer Spieler eine gleiche oder höhere Trumpfanzahl als dieser Spieler besitzt gerade bei 8 Trumpf über 50% liegt. Eine Abschätzung nach dem bekannten Schema ist nur bedingt möglich, da die Trumpfstärke nur ungenau in eine durchschnittliche Augenzahl umgerechnet werden kann. Sie sollte aber für einen Re-Spieler bei > 100 und bei einem Kontra-Spieler > 110 liegen. Besser erscheint in diesem Zusammenhang eine Verliererrechnung. Ein starkes Blatt sollte maximal 4 Verlierer besitzen. Wir unterscheiden zwischen ganzen und halben Verlierern:

Hier erfolgt die Ansage bei Legen der ersten eigenen Karte (Ausnahme Anfragen).

Der Nachteil durch den mit der vorzeitigen Ansage verbundenen Informationsverzicht wird überkompensiert durch die Tatsache, dass der Partner nunmehr auch mit schwächeren Blättern eine weiterführende Ansage treffen kann. Vor allen Dingen kann der Partner bisher unbedeutende Trumpfkarten wie rote Damen oder eine D aufwerten. Auf eine KONTRA-Ansage bei Legen der ersten Karte wird häufig verzichtet. Dies geschieht aus zwei Gründen:

Einige Beispiele für genügend starke Blätter für eine Ansage mit Legen der ersten eigenen Karte:
Blatt 1: 10 D D D B B B B 10 As 9 K
(genügende Trumpfhöhe und Länge, max. 3,5 Verlierer)
Blatt 2: D D D D B B As 10 9 10 10 9
(genügende Trumpfhöhe und Länge, max. 3,5 Verlierer)
Blatt 3: 10 D D D B 10 10 K As 9 As As
(genügende Trumpfhöhe und Länge, max. 3 Verlierer)
Blatt 4: 10 10 D D D B B B 10 As K K
(genügende Trumpfhöhe und Länge, max. 3 Verlierer).

Tauscht man in den angegebenen Beispielen die D gegen eine rote D oder auch D, so steigt die Verliererzahl. In diesem Fall sollte dann lediglich mit Blatt 4 (mit eigenem Anspiel) eine Ansage mit Legen der ersten Karte erfolgen.

Der Erstansagende hat durch seine vorzeitige Ansage seine besondere Stärke zum Ausdruck gebracht. Es ist nun i.d.R. sein Partner, der das weitere Ansagegeschehen diktiert. Er entscheidet zunächst, ob eine weitere Ansage getroffen wird oder nicht mit einer Ausnahme: Ist die Partnerschaft vor dem Ansagezeitpunkt für die keine 90-Ansage geklärt, so entscheidet der im Stich weiter hintensitzende Spieler über die Ansage. Der andere Spieler trifft nun nur noch bei zusätzlichen Stärken im Blatt eine eigene Ansage. Zu diesem Themenkomplex ein Beispielblatt mit dem bei einer Erstansage zum letztmöglichen Zeitpunkt kaum die keine 90-Ansage vertretbar ist. Es wird dabei auch die Vielfalt des Informationsaustausches angedeutet (detailliertere Informationen zu diesem Thema erfolgen in Kap. 2.2.3):

Spieler 2: D D D B B K As K 10 9 As 9.

Spieler 3: D D D B B K As K 10 9 As 9

Neben den bisher beschriebenen Ansagezeitpunkten sieht das Essener System noch eine RE-Ansage vor Anspiel der ersten Karte vor. Der Spieler zeigt damit, dass er definitiv angespielt werden kann. Hierzu muss er Doppel-10 (an Position 2 auch eine 10) besitzen. Die Ansage charakterisiert ein starkes RE-Blatt. Es muss nicht unbedingt Asse enthalten. Der anspielende Partner ist nicht verpflichtet Trumpf anzuspielen. Spielt er ein As an, so zeigt er seine eigene Stärke analog dem vorherigen Beispiel durch die Wahl des Ansagezeitpunktes (mit Anspiel= sehr stark; vor Legen der Karte des starken Spielers = Blatt mit Zusatzwerten; keine Ansage = schwach). Das angespielte As sollte allerdings eine Laufwahrscheinlichkeit von mindestens 66% (siehe Anhang Tab. A3) besitzen. Die gleiche Ansage wird als KONTRA-Spieler nicht angewandt, da das Signalisieren der Doppel-10 eher für die RE-Partei nützlich ist. Sie wissen, dass der Partner des starken KONTRA-Spielers keine Kontrolle in Trumpf besitzt, was bei dem Partner eines starken RE-Spieler nicht der Fall wäre.

2.1.2 90-Anfragen

Eine Anfragesituation liegt immer dann vor, wenn ein Spieler, der eine Erstansage getroffen hat, vor Legen der eigenen Karte zu einem Stich einige Sekunden wartet. Er tut dies, um seinem Partner die Möglichkeit einer weiteren Ansage zu geben, wenn er diesen Stich wahrscheinlich macht oder wenn er angespielt werden kann (links vom Anfragenden aus gesehen sitzend). Voraussetzung für eine Anfrage sind ein starkes Blatt (Minimum: Stärke für eine RE/KONTRA-Ansage bei Legen der ersten Karte) und ein echter Vorteil für die eigene Partei durch die Antwort, welche durch das Treffen der nächsten Ansage erfolgt.

Echte Vorteile sind zum Beispiel:

Wir unterscheiden zwischen forcierenden und einladenden Anfragen. Eine forcierende Anfrage darf nur mit Blättern gestellt werden, die neben dem echten Vorteil so stark sind, dass auch mit einem sehr schwachen Blatt (z.B.: D D B 10 As K K 10 K 9 K 9, Anfrage auf As) des Antwortenden eine reelle Chance besteht die Ansagen zu erfüllen. Hierbei muss der Anfragende auch mit einer nicht ganz normalen Fehlverteilung rechnen. Der gefragte Partner ist zur Antwort verpflichtet (keine Antwort = kein Partner). Eine Einschätzung hinsichtlich der Punktstärke ist kaum möglich. Der anfragende Spieler sollte allerdings nach der Antwort max. 2-2,5 Verlierer (bei guten Trumpfmittelkarten = rote Damen und schwarze Buben) besitzen. Die Trumpfstärke sollte oberhalb des für die Erstansage mit Legen der ersten eigenen Karte notwendigen Minimums liegen (z.B.: D D D + eine rote Dame oder 10 D + mind. 2 rote Damen + 2 schwarze Buben etc.). Bei einer einladenen Anfrage (~ 2,5-3 Verlierer bei etwas niedrigerer Trumpfstärke bzw. schlechteren Trumpfmittelkarten) darf der Partner mit einem Nullblatt hingegen die Antwort verweigern. In beiden Fällen hat der Anfragende die Verantwortung für die Ansage des Partners übernommen. Der gefragte Spieler sollte auf das Urteilsvermögen des fragenden Spielers vertrauen. Der anfragende Spieler sollte eventuelle Nachspielprobleme des Partners berücksichtigen. Bei Anfragen werden nun die folgenden Situationen unterschieden:

1) Erstansage im ersten Stich direkt vor Legen der eigenen Karte und Warten.

Die Anfrage ist forcierend, d.h. erhält der Partner wahrscheinlich diesen Stich (angespieltes As oder er kann stechen), so hat er dies durch die keine 90-Ansage zu erkennen zu geben. Folgendes sind Blätter für eine forcierende Anfrage:

Blatt 1: 10 D D D D B B As 10 9 10 9
Anfrage auf angespieltes As oder Anschieben in (1,5 Verliererblatt nach Abwurf von 10).

Blatt 2: 10 D D D B B B B K K As 9
Anfrage auf angespieltes As oder Anschieben in , aber auch an Position 4 bei Anspiel von As (Partner erkennt Singleton bei Antwort und spielt Farbe nach, wonach As gespielt werden kann. Gegner spielt nach Bedienen mit 9 vielleicht ebenfalls Farbe nach, da er noch 10 beim Fragenden vermutet) (2 Verlierblatt nach Antwort).

Blatt 3: D D D D B B B B B As As 10
Anfrage nur auf angespieltes As an Position 2 (oder 4) sitzend, da der antwortende Partner Nachspielprobleme besitzen kann. Nur -Nachspiel ist gut (Ausnahme anfragender Spieler sitzt an Position 2, nun -Nachspiel), aber auch nur dann, wenn kein Gegner überstechen kann. As muss eventuell als ganzer Verlierer gerechnet werden (Anfrage an 4 und Partner besitzt kein weiteres , noch ein weiteres As). Trotzdem kann eine forcierende Anfrage wegen der geringen Wahrscheinlichkeit des Ereignisses bzw. bei der zu erwartenden Trumpflänge beim Partner, wenn er kein , noch ein weiteres As besitzt, verantwortet werden.

Blatt 4: 10 D D D D B B B K As As 9
Anfrage an Position 3 sitzend, wenn bei Trumpfanspiel zwei kleine Trumpf liegen (2-2,5 Verlierblatt). Hierdurch wird das Legen der 10 vermieden, um die Asse zu spielen. Der antwortende Spieler darf den Stich nur übernehmen, wenn der anfragende Spieler nicht den bisher höchsten Trumpf gelegt hat. Mit einem Trumpfblatt D D B ohne ein As im Nebenblatt darf der Partner, angenommen die Anfrage erfolgt auf 9 und K, ausnahmsweise die Antwort verweigern. Auf ein angespieltes As erfolgt keine Anfrage, da kein echter Abwurfvorteil vorhanden ist; As ist Stehkarte und 9 zu unbedeutend. Der Spieler sticht As mit RE.

Blatt 5: 10 D D D D B B B B 10 10 As
Anfrage auf angespieltes As oder Anschieben in (2,5 Verlierblatt nach Abwurf von 10) Die Verliererrechnung zeigt auch, dass eine forcierende KONTRA-Abfrage ohne 10 nicht möglich ist.


2) Erstansage bei Anspiel der ersten Karte (nur bei Fehlkarte) und Warten vor Legen der ersten eigenen Karte.

Die Anfrage ist lediglich einladend, d.h. der Partner, der diesen Stich wahrscheinlich macht, darf mit einem sehr schwachen Blatt die Antwort verweigern. Für eine Antwort sollte er 1-2 zusätzliche Stiche mitbringen oder Trumpflänge (&Mac179; 7). Die Anfrage darf nur gestellt werden, wenn der anfragende Spieler die angespielte Farbe stechen kann. Ein Partner, der den Stich nicht macht, soll die Möglichkeit erhalten sich durch Schmieren eines Vollen (i.d.R. eine 10) zu zeigen. Sitzt der fragende Spieler an Position 2, so kann wie folgt zwischen einer forcierenden und einer einladenen Anfrage unterschieden werden: Bei der einladenen Anfrage wartet er zusätzlich ein paar Sekunden vor Treffen der Ansage. Dies simuliert das Überlegen, ob überhaupt eine Anfrage gestellt werden soll (=> einladene Anfrage). Die forcierende Anfrage wird wie oben beschrieben gestellt. Einige

Beispielblätter:
Blatt 1: 10 D D D B B As 10 9 10 As 9
Blatt entspricht Blatt 1 forcierende Anfrage mit Tausch von D gegen As. Hieraus folgt: schlechtere Trumpf und eine Fehlkarte mehr, daher nur noch einladene Anfrage.

Blatt 2: 10 D D D B B B B K K As 9
Blatt entspricht Blatt 2 forcierende Anfrage mit Tausch von D gegen D. Hieraus folgt: schlechtere Trumpf und Wechsel der Parteizugehörigkeit, daher nur noch einladene Anfrage. Die Anfragevariante auf Anspiel As entfällt.

Blatt 3: D D D D B B B B B As As 10
Blatt entspricht Blatt 3 forcierende Ansage. An Position 3 sollte nur einladene Anfrage auf As gestellt werden wegen der potentiellen Nachspielprobleme des Partners.

Blatt 4: 10 D D D B B B B 10 10 As As
Blatt entspricht Blatt 5 forcierende Anfrage mit Tausch D gegen As. Hieraus folgt: schlechtere Trumpf und eine Fehlkarte mehr, daher nur noch einladene Anfrage.


3) Erstansage mit Legen der ersten eigenen Karte und Warten vor Legen der zweiten eigenen Karte.

Die Anfrage hat zweifachen Charakter: Für den Spieler, der wahrscheinlich die beiden Stiche erhält, ist sie forcierend. Für den Spieler, der lediglich den zweiten Stich wahrscheinlich erhält ist sie nur einladend. Der anfragende Spieler zeigt zunächst eine starke Erstansage. Er besitzt jedoch erst beim zweiten Anspiel einen echten Vorteil durch die Anfrage. Er könnte beispielsweise ein Blatt mit 9 Trumpf (10 D D D an der Spitze) und 10 9 As als Fehlkarten besitzen. Auf ein angespieltes As kann er keine Anfrage stellen, da das Blatt für eine forcierende Anfrage zu schwach ist. Wird As nachgespielt oder in angeschoben, so besitzt er nun einen echten Vorteil. Bei As ist die Anfrage forcierend für den anspielenden Spieler, andernfalls lediglich einladend.


4) Erstansage direkt vor Legen der zweiten eigenen Karte und Warten.

Dies ist eine aus der Spielsituation geborene spezielle Anfrage, zumeist an den Spieler der eine für den fragenden Spieler besonderes nützliche Stärke in seinem Blatt zeigt. Sie ist, da der anfragende Spieler bereits ein besonders starkes Blatt verneint hat (keine Ansage bei Legen der ersten eigenen Karte), nur einladend.

Ein klassisches Beispiel:

Blatt 1: 10 D D D D B B 10 10 K 9 9 (Position 4)
Das angespielte As läuft mit 21 Augen. Das nachgespielte As wird an Position 3 gestochen. Nun sollte mit diesem Blatt eine spezielle Anfrage an den Spieler mit dem -Stich gestellt werden: Das eigene Blatt ist trumpfstark. Der Partner sticht alle noch vorhandenen Fehlkarten (bei eigenen Anspiel an Position 4 sitzend).

Nachdem nun die wesentlichen Anfragesituationen geklärt sind, wird es Zeit die Situation des Partners etwas näher zu beleuchten: Betrachten wir zunächst den Partner, der auf den Anfragestich geantwortet hat. Was soll er nachspielen? Dies hängt von seiner eigenen Blattstärke ab: Mit schwachen Blättern und Partner an Position 2 oder 3 sitzend wird auf Fehlabwurf die bessere der beiden Farben nachgespielt (= Farbe, in der mehr Karten fehlen), sofern kein weiteres As gespielt werden kann. Lediglich mit einem Partner, der an Position 4 sitzt sollte die gleiche Farbe nachgespielt werden. Hieraus folgt: Der anfragende Spieler sollte an Position 3 sitzend möglichst nicht von As x abwerfen. Bedient der Spieler den Anfragestich (nicht signifikant), so sollte immer Trumpf gespielt werden.

Ausnahme: Der anfragende Spieler sitzt an Position 2. Hier ist das Anspiel die andere schwarze Farbe, sonst Trumpf. Mit stärkeren Blättern (= Zusatzwerte zu einem Minimumantwortblatt) muss der Partner das Spielgeschehen in die Hand nehmen: Er zeigt einen Teil seiner Zusatzwerte (insbesondere Asse und 10) und läd somit den anfragenden Spieler ein oder stellt selbst weitere Anfragen oder trifft selbst weitere Ansagen (siehe Essen:Kap. 2.2.2 und 2.2.3).

2.1.3 (Anspiel-)Konventionen

Unter Konventionen verstehen wir Anspiele, die in Verbindung mit den anderen Hilfsmitteln des Essener Systems (meist Ansagezeitpunkt) jeweils immer den gleichen Informationsgehalt besitzen. Die mit diesen Konventionen verbundene Idee ist dem Partner schnell ein Maximum an wichtigen Informationen über das eigene Blatt zur Verfügung zu stellen, damit dieser dann in Verbindung mit seinem eigenen Blatt das Spielziel festlegen kann. Bei der Anwendung von (Anspiel-)Konventionen ist gegenseitiges Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und das Urteilungsvermögen des Partners gefragt. Das Essener System kennt im wesentlichen zwei konventionelle Anspiele, die natürlich den Anforderungen einer guten Konvention (hoher Informationsgehalt, Logik, hohe Anwendungswahrscheinlichkeit, geringe Störanfälligkeit) genügen. Dies haben zumindest unsere praktischen Erfahrungen, unabhängig von der Art der Turniere (Vereins-, offene und Einladungsturniere), gezeigt.


I) 10-Anspiel-Konvention:

Das Anspiel einer 10 (bis zum letztmöglichen Ansagezeitpunkt) zeigt den Besitz einer D und einer D (in seltenen Fällen auch D und Doppel-D). Je nachdem ob bzw. wann eine Ansage erfolgt liegt eine unterschiedliche Stärke des Blattes vor. Die Idee dieser, sowie auch anderer Anspielkonventionen (D, D) ist es dem Partner, anstelle von knappen eigenen Ansagen (i.d.R. RE oder 90) durch Übermittlung von Struktur und Stärke des eigenen Blattes die Entscheidung einer Erstansage zu überlassen oder eine weitergehende Ansage (90, 60 etc.) mit höherer Sicherheit zu ermöglichen (für eine 90-Ansage benötigt man eine Sicherheit von 90%!). Der Anspieler erhält hier durch Ansage oder auch durch Schmieren eines Karo-Vollen die Information, wo sein Partner sitzt bzw. ob er die andere 10 besitzt. Es werden 3 Situationen unterschieden:


1. Ansage mit Legen der ersten eigenen Karte und Anspielen von 10 spätestens zum dritten Stich.

Bedeutung: Mein Blatt ist so stark, dass mir eine 10 beim Partner ausreicht die Gegenpartei unter 90 zu spielen. Der Partner sollte sofort beim Anspiel der 10 keine 90 ansagen, wenn er die andere 10 besitzt unabhängig von der Stärke seines eigenen Blattes (einzige Ausnahmen sind 10 D bzw. 10 D x als Trumpf; hier sollte der Spieler jeweils10 legen!). Der Erstansager könnte eines der folgenden Blätter auf der Hand halten:

Blatt 1: 10 DD D B B B B As K K As
Blatt 2: 10 D D D D B B As K As 9 As.

Dabei ist es egal, wann die 10 angespielt wird, ob im zweiten Blattbeispiel sofort oder nach Abspiel der beiden Asse, jedesmal ist der Partner forciert beim Anspiel der 10 mit der anderen 10 sofort keine 90 anzusagen. Besitzt er sie nicht, kann der Partner nun auch mit einem schwächeren Blatt (etwa mit D D D B B 9 As As 9 10 K K) ohne irgendwelche Bauchschmerzen keine 90 ansagen. In diesem Zusammenhang gehört noch die konventionelle Anfrage RE vor Anspiel der ersten eigenen Karte und Warten. Hiermit wird ein starkes RE-Blatt mit einer 10 ohne D gezeigt. Der Partner antwortet an Position 3 oder 4 sitzend bei Besitz der anderen 10 mit der keine 90-Ansage. An Position 2 sitzend zeigt die keine 90-Ansage Erstrundenkontrollen (As oder Chicane) in beiden schwarzen Farben.


2. Anspiel der 10 zum ersten oder zweiten Stich ohne Ansage.

Bedeutung: Mein Blatt ist leidlich trumpfstark (6-8 [meist 7] Trumpf mit 10 D D an der Spitze), besitze allerdings nur Zusatzwerte, die ich dem Partner vor Legen seiner elften Karte zeigen kann. Beispielblätter:

Blatt 1: 10 D D B B B K K 9 As 10 9
Blatt 2: 10 D D D D As K 10 10 9 K K
Blatt 2 nur keine Ansage, wenn im ersten Stich gestochen wird.

Der Partner sollte mit durchschnittlichem Blatt mit 10 sofort RE (vor allem mit Anspielassen) ansagen. Weiterhin ermöglicht diese Spielweise z.B. auch mit dem folgenden Blatt eine Erstansage: D D D B B As 10 K 10 K 9 K, oder würdest Du mit diesem Blatt freiwillig RE sagen. Mit einem anderen Partnerblatt (in Verbindung mit Blatt 1) kann sich schon nach dem zweiten Stich eine Schwarzansage abzeichen. Der Partner könnte 8 Trumpf mit 10 D D D an der Spitze und As 10 9 As als Fehlkarten halten. Hierzu braucht er allerdings einige weitere Vokabeln unseres Kommunikationssystems. Er muss seinem Partner noch beibringen nach Abspiel des As Trumpf zu spielen (Er sagt auf das Anspiel der 10 sofort RE und vor Anspiel der dritten Karte keine 90!).


3. Anspiel der 10 zum ersten oder zweiten Stich mit Ansage (RE) zum letzten Zeitpunkt.

Bedeutung: Ich besitze ein Blatt, dass die schon beschriebene Trumpfstruktur besitzt, welches aber in der Stärke zwischen den schon beschriebenen Blättern liegt. Man besitzt noch Zusatzwerte, die der Partner bis zum Legen seiner elften Karte nicht kennt. Diese könnten sein: Stechen einer Farbe, weitere Anspielasse, ein Doppelas, 9 Trumpf oder 8 gute Trumpf etc..

Beispiele:
Blatt 1: 10 D D D D B B 10 As 9 As 9 (8 gute Trumpf, zweites Anspielas)
Blatt 2: 10 D D D B B B As 10 K K K (9 Trumpf)
Blatt 3: 10 D D B B B K 10 K K As 9 (Stechen einer schwarzen Farbe)
Bei Anspiel von sollte 10 ohne Ansage nachgespielt werden, da As keinen ausreichenden Zusatzwert darstellt. Da der Partner, der mit einem durchschnittlichen Blatt bei Besitz der anderen 10 RE ansagt, die Zusatzwerte des Anspielenden noch nicht kennen kann, darf der Anspieler im Gegensatz zu 2 hier noch keine 90 ansagen.

II) D/D-Anspiel-Konvention:

Das Anspiel von D/D deklariert einen RE-Spieler mit Doppel-10. Analog der 10-Anspiel-Konvention zeigt der Ansagezeitpunkt wiederum die Stärke des Blattes. Diese Konvention erfordert keine spezifische Reaktion des Partners.


1) Ansage mit Legen der ersten Karte und Anspiel von D/D bis spätestens zum dritten Stich.

Bedeutung: Der Spieler besitzt ein starkes RE-Blatt (siehe auch Erstansage Kap. 2.1.1) und mit minimalen Zusatzwerten des Partners (z.B. D, zwei Anspielasse) ist die keine 90-Ansage möglich. Die Entscheidung trifft der Partner, sofern er bei dem Stich für die keine 90-Ansage nicht vor dem starken RE-Spieler sitzt und keine Zusatzwerte mehr auf der Hand hält.

Beispiele:
Blatt 1
: 10 10 D D D B B B K K K 9

Blatt 2: 10 10 D D D B B K As K As As

In diesen Zusammenhang gehört noch das Anspiel eines Karo-Vollen mit RE-Ansage bzw. das Anspiel nach Stechen und RE-Ansage bei Legen der ersten eigenen Karte einer spielpunktmäßig wertvolleren Karte als die Stechkarte (z:B.: Stechen mit 9/B und Nachspiel von B/K). Beides zeigt ebenfalls Doppel-10. Zusätzlich werden hier allerdings noch Anspielasse (nicht Doppelasse) verneint. Der Spieler geht sofort vom Stich. Für weitere Ansagen muss er sehen, dass er seine Fehlverlierer beim Partner unterbringt. Bei Austausch eines K gegen einen Karo-Vollen wäre mit Blatt 1 das beste Anspiel Karo-Voller mit RE


2) Anspiel von D/D zum ersten oder zweiten Stich ohne Ansage.

Bedeutung: Der Spieler besitzt ein trumpfkurzes Blatt (5-6, selten schwache 7) ohne Zusatzwerte, die der Partner vor Legen seiner elften Karte nicht erkennen kann.

Beispiele:
Blatt 1: 10 10 D B B K 10 K As 9 9 9

Blatt 2: 10 10 D D D K K K 9 As K 9

Blatt 3: 10 10 D B B 10 9 K 9 As 10 K


3) Anspiel von D/D zum ersten oder zweiten Stich mit Ansage zum letzten Zeitpunkt.

Bedeutung: Der Spieler besitzt ein Blatt mit Doppel-10 und im Gegensatz zu 2) noch Zusatzwerte, die der Partner vor Legen seiner elften Karte nicht erkennen kann. Zusatzwerte sind die gleichen wie bei der 10-Anspiel-Konvention, wobei hier allerdings schon 7 gute Trumpf mit Singleton in einer schwarzen Farbe oder 8 schlechte Trumpf für die Ansage ausreichen.

Beispiele:
Blatt 1: 10 10 D D B B As As As 9 As 9

Blatt 2: 10 10 D D D K K K 9 As K 9

Blatt 3: 10 10 D B ™B B B K 9 10 K 9

Das Kapitel Erstansage hat gezeigt, wie das Essener System durch Wahl und Kombination seiner Hilfsmittel eine Vielzahl von Blättern differenziert. Die Unterteilung erfolgt hinsichtlich Trumpfstärke (und Struktur), Trumpflänge und Fehlstruktur (meist bei Anfragen). Dies sind die Informationen, die der Partner für eine Abschätzung des Spielzieles benötigt. Die freiwillige Informationsübermittlung hat nur wenige Nachteile, da i.d.R. nur positive Eigenschaften gezeigt werden. Das Kapitel Optimieren (Ausreizen) des Spiels zeigt nun wie diese Informationen ausgenutzt werden können.

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