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2.3 Gegenansagen
2.3.1 Grundlagen
Eine Gegenansage erhöht den Spielwert analog einer Erstansage um zwei Punkte. Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine Gegenansage nur sinnvoll erscheint, wenn die Gewinnaussichten der eigenen Partei > 50% (vergleiche Tab. 1) liegen. Selbst bei einer Erwiderung auf eine Erstansage ist dies nicht immer der Fall. Bei Gegenansagen auf weitere Ansagen reicht häufig eine Erhöhung der Gewinnwahrscheinlichkeit (siehe Tab. 1) aus. Grundsätzlich sollte der Spieler, der eine Gegenansage plant, bedenken, dass die Gegenansage einen entscheidenden Einfluss auf den weiteren Spielverlauf und somit Spielausgang haben kann. Er muss beurteilen, ob die Information für den eigenen Partner wichtiger als für die Gegenpartei ist. Gegenansagen sollten daher nur bei Besitz der Initiative oder mit stärkeren Blättern gemacht werden. Im ersteren Fall ist die Information für den Partner i.d.R. wichtiger und im zweiten Fall kompensiert die Stärke die Warnung, die die Gegenpartei erhält. Dies zeigt schon, dass das Treffen einer Gegenansage sehr stark situationsabhängig ist. Aus diesem Grund lässt sich auch keine notwendige Punktstärke für eine Gegenansage postulieren. Bei der Überlegung Gegenansage ja oder nein sollte sich der Spieler folgende Fragen beantworten:
Hier einige Spielverläufe, die dieser Aspekt beleuchten:
(1)
1.Stich: As 10 9 9
2.Stich: As+RE(1) --- --- ---
Ein positiver Spielverlauf liegt nun vor, wenn das As läuft (je weniger Augen fallen, desto positiver für die RE-Partei, da dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass der Partner des erstansagenden Spielers den zweiten Lauf stechen kann) oder wenn auf das As eine andere Farbe abgeworfen wird. Ein negativer Spielverlauf liegt vor, wenn das As gestochen wird. Noch weitaus negativer ist der folgende Fall: Der Spieler muss im ersten Stich eine 10 opfern und das nachgespielte As wird gestochen. Bei weiteren Ansagen gelten die Überlegungen analog.
(2)
1.Stich: As K K 10
2.Stich: As+RE(1) 10 9 As
3.Stich: K As As+90(3) 9
Dies ist natürlich zwar kein besonders positiver Spielverlauf, aber die Ansage keine 90 wurde in Kenntnis des abgestochenen As getätigt.
Anders sähe der Fall aus, wenn As läuft und ein zum dritten Stich nachgespieltes As nach der keine 90-Ansage von Pos. 3 hinter ihm gestochen wird.
Als abschreckendes Beispiel für eine nicht berechtigte Gegenansage dient das folgendes Spiel:
D D D B B B B 10 As K 9 - 9 |
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As 9 K 9 As 10 10 K As As K K |
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10 D D D B B K 10 As K 9 9 |
10 D D B B As 10 K 9 As 10 9 - |
1. Stich: As 10 10 9 (-31)
2. Stich: B+RE(1) 10 K As (-27)
3. Stich: 9 As+90(2) 9 K (-15)
Egal welche Karte Spieler 2 nun nachspielt, ob D (lädt Spieler 1 zur keine 60-Ansage ein), D (Schnitt gegen D) oder K, Spieler 3 sollte in keinem Fall KONTRA ansagen. Dies gilt auch, wenn die Gegenpartei noch die keine 60 ansagt. Er hat überhaupt keine Chance, da die Gegenpartei das Spiel ganz einfach im Cross-Ruff (gegenseitiges Hin- und Herstechen der Fehlkarten) herunterspielen kann. Die einzige (geringe) Hoffnung besteht darin, dass der Spieler 2 angesichts des 9-Abwurfes übermütig wird und das Spiel nach der keine 60-Ansage über Trumpf gewinnen will, was allerdings bei guten Spielern nicht passieren wird, da Spieler 4 schon bei der dritten Trumpfrunde aussteigt.
Übrigens: Die richtige Handhabung des Blattes 2 ist ein Warten vor dem Nachspiel nach As =Anfrage an den Partner, ob er auf Trumpf wechseln soll. Da vom Partner keine Ansage (= Trumpfnachspiel) kommt, spielt Spieler 2 K mit keine 60 nach. Danach wird das Blatt im Cross-Ruff heruntergespult.
Häufig ist es besser auf die Gegenansage zu verzichten, um das Spiel zu gewinnen. Eine Erhöhung der Gewinnaussichten liegt i.d.R. dann vor, wenn die Gegenansage so getimed wird, dass dem Partner eine wichtige Information mitgeteilt wird und die eigene Partei die Initiative inne hat. Hier bedient das Essener System sich wiederum der schon bekannten Hilfsmittel. Gemeint sind Ansagezeitpunkte und Anfragen (bei wahrscheinlicher eigener Parteizugehörigkeit).
2.3.2 Hilfsmittel
2.3.2.1 Ansagezeitpunkte
Eine vorzeitige Ansage hat im wesentlichen zwei Bedeutungen. Sie dient zur Klärung der Partnerschaft oder als Kommentar zur angespielten Farbe oder Trumpf. Der Spieler zeigt, dass er angespielt werden kann bzw. dass er den Stich wahrscheinlich machen wird.
Einige Beispiele:
(1)
1.Stich: As 10 K K
2.Stich: As As+RE(2) 10+KO(1) 10
Bei der RE-Ansage handelt es sich um eine normale Ansage. Der Spieler an Position 1 sagt nach dem Bedienen von 10 sofort KONTRA, um seinem wahrscheinlichen Partner an Position 3 das Stechen anzuzeigen. Hierfür reicht ein Blatt, welches einer normalen KONTRA-Ansage entspricht, da der Spielverlauf für die Gegenpartei als negativ zu beurteilen ist, z.B.: 10 D D D B B B As As 10 9 As. Der Partner soll einen Doko (40 Augen) fabrizieren, wenn er 10 hält. Er sollte allerdings nicht As opfern für den Doko, da dies einen Abwurf und damit das Spiel kosten kann. Bei einer starken RE-Ansage, sollte der Spieler an Position 1 auf die Ansage verzichten, da das eigene Blatt zu schwach ist die RE-Ansage umzubiegen. Er kann stechen und dann nach kurzem Warten As anspielen. Das kurze Warten soll dem Partner zeigen, dass man kurz vor einer Gegenansage steht. Es lädt den Partner ein KONTRA anzusagen, falls As läuft.
(2)
1.Stich: As As 9 9
2.Stich: As+KO(1) K 10 K
3.Stich: K As RE(2)10 K
Die RE-Ansage vor dem Anspiel des wahrscheinlichen Partners an Position 3 soll verhindern, dass der Spieler seinen nächsten Nachbarn in der dritten Farbe anschiebt. Nachdem Spieler 2 im ersten Stich sein offensichtlich blankes As gelegt hat, ist das Nachspiel von Spieler 3 nun forciert . Der Spieler 2 könnte folgendes Blatt halten: D D D D B B 10 10 K 9 As As Der negative Spielverlauf, die günstige Position hinter dem erstansagendem Spieler plus die Erhöhung der Gewinnwahrscheinlichkeit reichen aus, um mit diesem gar nicht so starken Blatt vorzeitig RE anzusagen. Das RE dient der Partnerschaftsklärung.
2.3.2.2 Anfragen
Anfragen bei der Gegenansage werden gestellt mittels Warten vor Legen der eigenen Karte oder vor dem eigenen Anspiel. Das Ziel ist es herauszufinden, ob der Partner (bzw. die eigene Partei siehe Situation 1 etwas weiter oben) den Stich, bei dem gewartet wird, macht bzw. ob er angespielt werden kann. Eine solche Anfrage setzt voraus, dass die eigene Parteizugehörigkeit durch den bisherigen Spielverlauf oder durch die Situation, in der überlegt wird, zumindest wahrscheinlich ist. Gelegentlich wird die Bedeutung und Parteizugehörigkeit der Anfrage erst durch die gelegte Karte klar. Für den gefragten Spieler gelten die schon bekannten Regeln. Die Anfragen sind i.d.R. forcierend. Das Stellen einer solchen Anfrage führt zu einer Erhöhung der Gewinnaussichten für eine Gegenansage, dass heißt der anfragende Spieler besitzt zumeist einen echten Vorteil. Die Stärke hängt von den bekannten Faktoren Informationsstand des Spiels (Fragen 1-4) und der Struktur des eigenen Blattes ab. Diese Art der Anfrage ist vielfach unbekannt.
Daher an dieser Stelle eine etwas größere Zahl von instruktiven Beispielen:
(1)
1.Stich: As K K 9
2.Stich: --- --- As+KO(3) W---
Spieler 3 wartet nach dem Nachspiel von As. Er deklariert sich damit als Spieler der Gegenpartei, da der Partner des KONTRA-Spielers keinen Grund hat an dieser Stelle nachzudenken, da Abwürfe bzw. das Bedienen keine Überlegung erfordern und eine vorzeitige keine 90-Ansage sehr unwahrscheinlich ist. Er will wissen, ob sein Partner das As stechen kann, damit er einen Vollen legen (z.B. mit D D D B B B As K 10 K 9 9) oder selbst abwerfen (z.B. mit 10 D D B B B As K 10 As K 9) kann. Ein Stich später wäre diese Situation nicht eindeutig, da Spieler 4 nun auch an einer keine 90-Ansage überlegen kann!
(2)
1.Stich: As K 9 10
2.Stich: As 10 9+RE(3) W---
Dies ist eine Anfrage an den Spieler an Position 1, da eine vorzeitige keine 90-Ansage gegen den ersten Stich sehr unwahrscheinlich ist. Der Spieler hat ein sehr starkes Blatt durch den Verzicht auf eine RE-Ansage mit Legen der ersten Karte verneint. Sollte er in einer solchen Situation dennoch einmal eine vorzeitige weitere Ansage in Betracht ziehen, so darf er nicht überlegen! Der Spieler könnte eines der folgenden Blätter besitzen:
Blatt 1: 10 D D D B B B 10 9 10 9 As (Vorteil: Die gelegte 9 zeigt dem Spieler ein gutes Nachspiel an, zudem erfährt er, ob Spieler 1 sein Partner ist, was allein aufgrund der beiden angespielten schwarzen Asse ohne Ansage angesichts der Stärke des eigenen und das Blatt des erstansagenden Spielers nicht unbedingt von vornherein klar ist)
Blatt 2: 10 D D D B B 10 10 As K K 9 (Vorteil: Abwurf eines Vollen und das Anspiel durch den Partner).
(3)
1.Stich: As 10 K K
2.Stich: 9 As 10+RE(3) K
3.Stich: --- W10 --- ---
Das Warten vor Nachspiel von 10 ist zunächst nicht eindeutig. Spieler 2 denkt wahrscheinlich über eine keine 90-Ansage nach. Nach dem Anspiel von 10 (= Nachspiel eines KONTRA-Spielers) bekommt das Warten eine ganz andere Bedeutung: Es ist eine Anfrage an Spieler 1, der KONTRA sagen soll, wenn er den zweiten -Lauf erhält. Spieler 2 hielt in diesem Praxisbeispiel folgendes Blatt 10 10 B K As 10 As 10 9 As K K Rechnet man die ersten beiden Stiche plus den zweiten -Lauf zusammen, so hat die eigene Partei ca. 80-85 Augen liegen. Das Spiel ist immer gewonnen, wenn der Partner insgesamt 2 Karo-Volle besitzt. Ein KONTRA von Spieler 2 in diesem Fall ist reines Roulette-Spiel, da nicht klar ist, dass Spieler 1 Partner ist. Übrigens: Mit einem schlechteren Blatt von Spieler 2 (Austausch von einer 10 gegen B) muss er sofort nachbringen ohne zu Warten. Er zeigt damit ein schwächeres Blatt und überlässt seinem Partner an Position 1 die Ansage, falls dieser noch einige Stärken besitzt. Gleiches gilt auch für Beispiel 2: Ohne 10 in Blatt 2 muss der Spieler 4 sofort ohne Warten abwerfen. Er kann immer noch auf ein Warten von Spieler 1, wenn er den nächsten Fehlstich erhält KONTRA ansagen.
(4)
1.Stich: As As K 9
2.Stich: As+RE(1) K As K
3.Stich: --- --- W??? ---
Das Warten ist wiederum eine Anfrage. Der Spieler 3 könnte folgendes Blatt halten: 10 D D D D B As 9 10 K 9 9 Es reicht ihm für eine Gegenansage der zweite -Lauf oder ein As beim Partner aus. In der Spielsituation können sowohl Spieler 2 als auch Spieler 4 Partner sein. Die Anfrage hat das Ziel dies herauszufinden. Sagt Spieler 4 vor seinem Anspiel KONTRA, so folgt 9, sagt er kein KONTRA, so folgt 10. Spieler 2 hat nun als Partner KONTRA zu sagen, wenn er auf 10 abwerfen kann oder einen Gegner überstechen kann.
Die Beispiele sollten zeigen, dass durch diese Art der Anfrage
a) die Sicherheit von Gegenansagen und
b) eine Optimierung des Gegenspiels erreicht werden kann.
Es gilt grundsätzlich, dass Anfragen nur an Spieler gestellt werden, deren Parteizugehörigkeit noch nicht wahrscheinlich geklärt sind (Zur Klärung der Parteizugehörigkeit vergleiche auch Kap. 2.2.2.1). Dies bedeutet z.B., dass ein Warten in der folgenden Situation keine Anfrage an Spieler 2 ist:
(5)
1.Stich: As+RE(1) 10 9 10
2.Stich: --- As 10 W---
Spieler 4 überlegt nur (kurz), ob er einen weiteren Vollen beilegt. Wären übrigens 10 und 9 vertauscht gefallen, so würde ein Warten in dieser Situation eine Anfrage des Spielers 4 an den erstansagenden Spieler sein. Dieser sollte, wenn er sticht keine 90 ansagen, damit Spieler 4 entweder einen Doko fabrizieren oder, falls er selbst stechen kann, seinen letzten abwerfen kann.
Bei der Behandlung des Themas Gegenansage ist bisher die Stärke der gegnerischen Spieler noch nicht berücksichtigt worden. Eine Einbeziehung der Spielstärke der Spieler der Gegenpartei (und selbstverständlich des eigenen Partners) erfordert vielfach eine Neubeurteilung der Beispiele, da bei schwächeren Spielern der Informationsgehalt der Ansagen i.d.R. geringer ist, was bedeutet, dass häufig die benötigte Sicherheit für die getätigten (weiteren) Ansagen fehlt oder ?mit Spielfehlern zu rechnen ist (Viele verlieren bei ungünstigem Kartensitz oder bei einer Gegenansage die Nerven oder es mangelt an der nötigen Technik). Daraus resultiert, dass häufig auch objektiv nicht fundierte Gegenansagen zum Erfolg führen. Dies kann natürlich an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden. Jedes der Beispiele würde sich dann über mehrere Seiten hinziehen.
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